Das Jahr der opportunistischen Mid-Market-Deals – Strategische Positionierungen sowie Optimierungen im Fokus
Das M&A-Jahr 2023 verlief in Europa hinsichtlich Anzahl Transaktionen und Volumen verhalten. Dies war auf die weltweiten Sorgen im Hinblick auf eine mögliche Rezession, die steigende Inflation, bevorstehende Zinserhöhungen sowie globaler geopolitischer Spannungen zurückzuführen. Diese Unsicherheiten stellten die Akteure im M&A-Markt vor grosse Herausforderungen. Gerade auch in Bezug auf die Rahmenbedingungen für Transaktionsfinanzierungen war 2023 besonders fordernd. Dadurch wurden Transaktionen komplexer und dauerten länger.
In diesem Umfeld nutzen insbesondere solide finanzierte strategische Investoren ihre Chancen. Sie konzentrierten sich auf Übernahmen zur Transformation des Geschäftsmodells und zur Sicherstellung des künftigen Wachstums. Dagegen nahmen Private-Equity-Buyouts und -Exits deutlich ab.
Bei Transaktionen mit Schweizer Zielgesellschaften nahm das Volumen im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab, d.h. es war eine Fokussierung auf Mid-Market-Deals zu beobachten. Die höheren Finanzierungskosten, insbesondere auch für ausländische Käufer, machen grössere M&A-Transaktionen mit einem massgeblichen Fremdkapitaleinsatz weniger attraktiv. Betrachtet man dagegen die von Schweizer Unternehmen getätigten Zukäufe im Ausland, so nahm da bei den grössten Transaktionen das Volumen zu. Dies ist u.a. auf den starken Schweizer Franken und die vergleichsweise günstigen Finanzierungsbedingungen in der Schweiz zurückzuführen.
Entsprechend wurden im Jahr 2023 weniger Mega-Deals vollzogen. Unter Mega-Deals verstehen wir Deals mit einem Transaktionswert von über USD 10 Mrd. Der einzige in der Schweiz beobachtbare Mega-Deal war der im Jahr 2023 vollzogene Spin-off von Sandoz durch Novartis.
Neben dem tieferen Transaktionsvolumen waren im Jahr 2023 in der Schweiz auch deutlich weniger Transaktionen mit Schweizer Beteiligung zu beobachten.
In der ersten Jahreshälfte 2023 war das Transaktionsvolumen dank grösseren Deals noch relativ hoch, während sich die Anzahl Transaktionen auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr befanden. Die prominenteste Transaktion war sicherlich die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS im ersten Quartal, welche medial grosse Aufmerksamkeit erhielt (Deal Volumen USD 3.2 Mrd. ). Im zweiten Halbjahr reduzierten sich die M&A-Aktivitäten in der Schweiz (wie auch in Europa) wesentlich. Es wurden zahlreiche Transaktionen verschoben oder sogar sistiert. Diese Zurückhaltung erfasste sämtliche Sektoren.
Zusammenfassend nahmen, trotz vergleichsweise guter Wirtschaftslage und tieferer Inflation, auch in der Schweiz die M&A-Aktivitäten im Vergleich zum Vorjahr ab. Wie auch in Europa hatten die makroökonomischen Rahmenbedingungen (Rezessionssorgen, Zinsniveau, Inflation) und globalen geopolitischen Unsicherheiten einen negativen Einfluss auf die M&A-Aktivitäten.
Viele Unternehmen unterschiedlicher Sektoren versuchen ihre Transformationsstrategie vermehrt mittels kleineren, gezielten M&A-Transaktionen umzusetzen, um mit dem rapiden Wandel mitzuhalten, das Geschäftsmodell zu adaptieren und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Der TMT-Sektor bleibt in der Schweiz ein Hotspot für M&A-Aktivitäten. Software-Unternehmen machten wie bereits in den vergangenen Jahren den Grossteil der Deal-Aktivität aus und stellen damit nach wie vor attraktive M&A-Ziele dar. Die fortschreitende Digitalisierung und der Bedarf an innovativen Technologielösungen treiben Transaktionen in diesem Sektor voran. Unternehmen erkennen die sich bietenden Chancen von disruptiven Technologien und Künstlicher Intelligenz und setzen verstärkt auf strategische Übernahmen, um ihre technologischen Kompetenzen zu steigern, ihre Position im Markt zu stärken und sich den Herausforderungen der digitalen Transformation zu stellen. Nicht selten geht dies mit einer Anpassung des Geschäftsmodells einher. So beobachten wir aktuell auch viele Unternehmen aus anderen Branchen, welche TMT-Unternehmen übernehmen und damit die eigene technologische Kompetenz produktbezogen stärken.
Der TMT-Sektor ist auch für Private-Equity-Investoren nach wie vor attraktiv, bedingt durch hohe Renditen und stabile Cashflows. Die hohe Anzahl an potenziellen TMT-Zielunternehmen macht den Schweizer Markt zudem attraktiv für ausländische Käufer.
Auch IFBC begleitete 2023 einige Transaktionen im TMT-Sektor:
Neben der digitalen Transformation prägt die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung, insbesondere im Kontext der Clean Energy Transition, massgeblich die M&A-Aktivitäten in Europa und der Schweiz. Dies spiegelt sich in einer hohen Anzahl an M&A-Transaktionen in diesem Bereich wider. So versuchen Unternehmen durch gezielte M&A-Transaktionen den Anforderungen einer nachhaltigeren Zukunft gerecht zu werden.
In der Schweiz beispielhaft für diese Entwicklung war die Akquisition des auf Solar/PV, Wärmepumpen und E-Mobility spezialisierten Geschäftsbereichs Helion von Bouygues E&S InTec Schweiz durch die AMAG Gruppe im September 2022. Diese strategische Übernahme eröffnet AMAG den Zugang zu neuen Geschäftsfeldern, positioniert das Unternehmen langfristig im Bereich Nachhaltigkeit und ermöglicht es, ihre Klimastrategie voranzutreiben. (siehe dazu auch das Interview mit Martin Meyer, CFO der AMAG Gruppe)
Auch 2023 setzte IFBC diverse Transaktionen rund um das Thema Clean Energy Transition um:
Die Unsicherheiten im Markt und die gestiegenen Zinsen haben sich teilweise negativ auf das Bewertungsniveau an den Börsen ausgewirkt, woraus sich Chancen für öffentliche Übernahmen ergaben. Im Jahr 2023 wurden in der Schweiz insgesamt sechs öffentliche Übernahmeangebote lanciert, wovon dasjenige von Liontrust zugunsten der Aktionäre von GAM scheiterte. Charakterisiert man die anderen fünf Transaktionen so fällt auf, dass bei drei Übernahmen die Zielgesellschaft über einen grösseren Aktionär oder eine Aktionärsgruppe verfügten (Schaffner, Crealogix und Von Roll), bei der Datacolor der Grossaktionär selbst ein Übernahmeangebot unterbreitete und im Fall vom zweiten öffentlichen Übernahmeangebot betreffend GAM ein Teilangebot unterbreitet wurde. Die Anzahl öffentlicher Übernahmeangebote ist im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr angestiegen, allerdings ist das Transaktionsvolumen deutlich zurückgegangen. Dies passt zu den vorhergehenden Ausführungen bzw. zum Trend hin zu Mid-Market-Deals anstelle von Mega-Deals.
Im Bereich der öffentlichen Übernahmen kann IFBC ebenfalls auf ein erfolgreiches 2023 zurückschauen. IFBC unterstütze als Fairness-Opinion-Provider die Verwaltungsräte von Crealogix, Datacolor, GAM sowie Von Roll mit einer unabhängigen Bewertung zur Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des Angebotspreises.
Die grossen Unsicherheiten getrieben durch makroökonomische Faktoren und die geopolitische Situation auf globaler Ebene beeinflussten im Jahr 2023 die M&A-Aktivitäten in Europa und der Schweiz negativ. Solide aufgestellten Käufern boten sich dennoch attraktive Transaktionsmöglichkeiten, insbesondere im Mid-Market-Bereich.
In einem Jahr geprägt von anspruchsvollen Finanzierungsbedingungen erwies sich M&A dennoch als unverzichtbares Element zur Strategieumsetzung mit Blick auf Wachstum, Neupositionierung und den langfristigen Erfolg.
Trotz der Herausforderungen und einer rückläufigen Anzahl von M&A-Transaktionen kann IFBC auf ein äusserst positives Jahr 2023 zurückblicken. Wir unterstützten unsere Kunden bei der erfolgreichen Umsetzung ihrer Akquisitionsstrategien respektive beim Verkauf ihrer Unternehmen an eine neue Eigentümerschaft.
Für 2024 erwarten wir eine Zunahme der M&A-Aktivitäten. Private-Equity-Investoren werden ihre finanziellen Mittel wieder vermehrt investieren und gleichzeitig bestehende Beteiligungen veräussern. Zudem erwarten wir Portfoliobereinigungen durch Carve-outs und Spin-offs bei den Corporates. Unterstützt durch die übergeordneten Trends der Dekarbonisierung, De-Globalisierung und Digitalisierung werden die Small- und Mid-Market-Deals die M&A-Aktivitäten im neuen Jahr weiter beleben.